In Kamenz lastet seit kurzem eine bedrückende Unsicherheit auf vielen Menschen. Mehr als hundert Mieterinnen und Mieter blicken sorgenvoll auf die kommenden Tage. Für sie steht plötzlich nicht nur die Frage im Raum, wie sie ihre nächste Miete stemmen, sondern ob ihre Wohnungen überhaupt warm bleiben.
Die Nachricht traf sie unerwartet: Die ewag kamenz kündigte öffentlich an, ab dem 24. September die Fernwärme in mehreren Wohnblöcken von Kamenz Ost abzustellen. Der Grund: erhebliche Zahlungsrückstände des Großvermieters Kamenz Immobilien GmbH. Die Mieter selbst haben ihre Abschläge ordnungsgemäß gezahlt – und trotzdem droht ihnen, buchstäblich im Kalten zu sitzen.
In den Treppenhäusern hängen die Aushänge des Versorgers. Schwarz auf weiß steht dort, dass die Leitungen zugedreht werden, sollte bis dahin nichts passieren. Für viele Familien mit Kleinkindern ein Schock. Für die älteren Bewohner, die Wärme nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als Lebensnotwendigkeit brauchen, eine Zumutung. Und für alle anderen ein Gefühl von Ohnmacht: Sie haben gezahlt – doch ausbaden müssen sie, was andere versäumt haben.
OB hat sich eingeschaltet
Die Stadtverwaltung reagierte sofort, als sie von der drohenden Abstellung erfuhr. Oberbürgermeister Roland Dantz griff umgehend zum Telefon. Er sprach mit der ewag, er sprach mit der Kamenz Immobilien GmbH. Sein Ziel war von Beginn an klar: verhindern, dass Menschen in Kamenz ohne Wärme dastehen. Deutlich machte er dem Schuldner, dem Großvermieter, seine Verantwortung: Die von den Mietern gezahlten Abschläge müssen unverzüglich an den Energieversorger weitergeleitet werden.
Und tatsächlich geht es um Menschen. Um die junge Mutter, die jetzt abends ihren Säugling wärmt und insgeheim schon überlegt, wo sie im Notfall hinkönnte. Um den alten Herrn im vierten Stock, der nach einer Herzoperation keine Kälte verträgt und dessen Tochter sich sorgt, ob er die Nächte durchstehen würde. Um Kinder, die morgens frierend aufstehen müssten, bevor sie in die Schule gehen. Und um all jene, die schlicht keine Alternative haben, weil ihre Wohnung ihr Lebensmittelpunkt ist.
Noch laufen Gespräche. Noch gibt es die Hoffnung, dass sich Stadt, Versorger und Vermieter auf eine Lösung verständigen. Aber die Uhr tickt. In wenigen Tagen könnte die Wärme verschwinden – und mit ihr ein Stück Sicherheit, das für viele selbstverständlich schien.
Die Botschaft, die aus Kamenz nun in die Stadt hinein und weit darüber hinaus wirkt, ist klar: Wohnen bedeutet mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen muss Schutz bieten, Geborgenheit, Verlässlichkeit. Wohnen ohne Wärme ist kein Wohnen.
Und deshalb schauen in diesen Stunden so viele Menschen auf die Verantwortlichen – mit der Hoffnung, dass Vernunft und Menschlichkeit am Ende siegen. Denn in Kamenz darf niemand im Kalten sitzen. Denn in Kamenz darf niemand im Kalten sitzen, nicht in diesem Jahr und nicht in Zukunft.
Noch ist unklar, ob in Kamenz Ost am 24. September die Heizungen tatsächlich kalt bleiben. Doch das Drama zeigt bereits jetzt, wie verletzlich Mieterinnen und Mieter sind, wenn Vermieter ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. Für die Zukunft wird es darauf ankommen, verbindlichere Sicherungsmechanismen zu schaffen – etwa eine direkte Durchleitung der Nebenkosten an die Versorger, damit gezahltes Geld auch dort ankommt, wo es hingehört.