Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) mahnt beim Thema Social Media einen wirksamen Schutz von Kindern an. Die Länder müssten bei der Nutzung von Handys in Schulen Lösungen finden, deren Erfolg man auch messen kann, sagte sie am Rande einer Fachtagung in Dresden. Sie gehe davon aus, dass es mit Blick auf ein Handyverbot unterschiedliche Herangehensweisen in den Ländern gibt - von einer strengen gesetzlichen Regelung bis zum Erlass, den Schulen das selbst zu überlassen.
Kinder müssen auf die digitale Welt vorbereitet werden
Prien zufolge haben sich inzwischen alle Bundesländer bei dem Thema auf den Weg gemacht. Man sollte sich in ein paar Jahren noch einmal darüber verständigen, welche Regelungen besser gewirkt haben. «Hauptsache ist, wir schützen unsere Kinder (...). Die Menschen erwarten, dass hier Entscheidungen getroffen werden.» Die digitale Welt sei da. Aus dieser Welt würden sich auch riesige Chancen für Kinder und Jugendlichen ergeben. Sie müssten aber auf diese Welt vorbereitet werden und lernen, mit ihr umzugehen.
Studien: Jugendliche fast sieben Stunden am Tag vor dem Bildschirm
Prien verweis auf neue Studien, wonach 15-Jährige in Deutschland im Schnitt fast sieben Stunden täglich vor Bildschirmen verbringen. «Diese langen Bildschirmzeiten machen mir wirklich Sorgen, denn sie können das Wohlbefinden, die Lernleistung und die sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen erheblich beeinträchtigen.» Deshalb sei es notwendig, in der Grundschule klare Regeln zu setzen: Private Handynutzung sollte dort keinen Platz haben. In den weiterführenden Schulen hingegen sollten altersgerechte Lösungen entwickelt werden, die eine verantwortliche Nutzung ermöglichten.
Ministerin sieht Eltern in der Pflicht
Die Ministerin sieht dabei auch die Eltern in der Pflicht. Eltern würden ihre Kinder zwar sehr im analogen Raum schützen, etwa indem sie sie zur Schule brächten oder wieder abholten. Sie müssten aber auch im digitalen Raum geschützt werden, da seien viele Eltern noch sorglos unterwegs. Deutschland brauche eine Strategie, wie man mit diesem komplexen Thema umgehe.
Sachsen bereitet Handyverbot an Grundschulen vor
Sachsens Kultusministerium hatte das Fachforum unter das Motto «Weniger Handy. Mehr Digitalisierung. Stärkere Kompetenzen» gestellt. Nach Abschluss äußerte sich Kultusminister Conrad Clemens so: «Der Handygipfel hat die vielfältigen Perspektiven auf das Thema verdeutlicht. Zum einen gibt es einen starken Wunsch nach klaren Regeln an Grundschulen. Zum anderen wurde aber auch die Eigenverantwortung von Schulen betont, vor allem mit Blick auf die weiterführenden Schulen. Wir erarbeiten ein landesweites Verbot für die Nutzung privater Handys an Grundschulen zum nächsten Schulhalbjahr, mit begründeten Ausnahmen.»
Staatssekretär Wilfried Kühner stellte eine Umfrage zur Handynutzung an sächsischen Grundschulen vor. Demnach gibt es an 54,6 Prozent dieser Schulen schon ein vollständiges Verbot, bei 44 Prozent eine beschränkte Nutzung. Dreiviertel der Befragten wünschten sich eine mehr oder weniger ausgeprägte gesetzliche Regelung zu einem Verbot, der Rest hielt das für entbehrlich.
Hirnforscher verweist auf negative Folgen von Medienkonsum
Hirnforscher Manfred Spitzer referierte über Folgen übermäßiger Nutzung digitaler Medien. Dazu zählen neben seelischen Schäden wie Sucht, Aggression, Angst und Depression auch körperliche Beeinträchtigungen wie Kurzsichtigkeit. Handynutzung sei besonders problematisch, «richtig hinschauen» gehe nicht. Digitale Medien würden laut internationaler Studien die Lernleistungen von Schülern nicht verbessern - im Gegenteil. Schweden habe digitale Medien inzwischen wieder durch Schulbücher ersetzt.
Unterschiedliche Praxis in den Bundesländern
Schulpolitik ist Ländersache. Jedes Land regelt sie selbst. Eine einheitliche Linie gibt es beim Umgang mit den Handys bislang nicht. Allerdings zeichnen sich im Flickenteppich Konturen ab. Länder wie Bayern, das Saarland und Thüringen haben den Einsatz von Smartphones in Grundschulen und Förderschulen untersagt. Brandenburg will nachziehen. In Hessen ist die private Nutzung von Smartphones oder Tablets auf dem Schulgelände grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Die Geräte dürfen aber mitgenommen werden.
Auch in Bremen gelten im neuen Schuljahr strengere Regeln für die Handynutzung. An Grundschulen und weiterführenden Schulen bis zur 10. Klasse müssen sie auf dem Schulgelände ausgeschaltet bleiben. In den meisten Bundesländern überlassen es die Kultusministerien den Schulen selbst, entsprechende Regelungen zu treffen. In Nordrhein-Westfalen sollen alle Schulen bis zum Herbst altersgerechte Regeln für die Handynutzung aufstellen.
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